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BFR-Training

BFR-Training

Das Maximum aus Muskeln herausholen

Das Blood-Flow-Restriction-Training (BFR-Training) wird als Trainingsform immer beliebter. Konstantin Stamm erklärt, wie Athleten mithilfe dieser Methode Kraft, Ausdauer, Muskelmasse, Schmerz und Funktion auf sanfte Art und Weise positiv beeinflussen können.

Das Blood-Flow-Restriction-Training nutzt die Reaktionen des Körpers auf einen verminderten Blutfluss aus. Der Blutfluss wird durch spezielle Manschetten oder elastische Bandagen nahe der Hüft- oder Schultergelenke an den Extremitäten eingeschränkt. Die angelegten Bandagen werden aufgepumpt und reduzieren so den arteriellen Zu- und den venösen Abfluss. Dies wirkt nicht nur in den abgebundenen Extremitäten, sondern im gesamten Körper. In der Chirurgie etwa wird schon lange eine Technik angewandt, die diesen „Fernmechanismus“ ausnutzt: die ischämische Fernkonditionierung. Durch das Abbinden von Extremitäten schüttet der Körper verschiedene Signalstoffe und Wachstumsfaktoren aus, die global wirken und Organe vor zukünftigen ischämischen Situationen schützen. Dies kann etwa hilfreich bei Operationen am Herzen sein, wenn die Durchblutung für einige Zeit unterbrochen werden muss. Das Blood-Flow-Restriction-Training wird schon lange eingesetzt, um einen stärkeren Muskelaufbau zu bewirken. Dabei können deutlich geringere Trainingsintensitäten als üblich genutzt werden: Bereits 20–40 Prozent des One-Repetition Maximum (1-RM) bewirken einen Hypertrophieeffekt. Dadurch können bereits stark belastete Strukturen vor weiterem Stress geschützt werden. Aber nicht nur der Muskelaufbau kann gefördert werden – BFR ist auch in Verbindung mit Ausdauertraining oder zur Förderung der Kraft interessant. Grundsätzlich sind die Optionen vielfältig; je nach Bereich ist die Applikation unterschiedlich. Aber dazu später mehr.

BESCHLEUNIGTE MÜDIGKEIT UND HORMONTHEORIE

In der Literatur werden zwei mögliche Wirkmechanismen der Effektivität des BRF-Trainings in Bezug auf Hypertrophie und Kraftaufbau diskutiert. Diese sind in der Abbildung auf S. 44 dargestellt. Die überwiegende Mehrheit der Forscher geht von einer stärkeren Wirkung der beschleunigten muskulären Müdigkeit im Vergleich zur hormonalen Theorie aus. Doch auch diese muss Beachtung finden, da ohne sie einige Folgen des Okklusionstrainings nicht erklärbar wären:
• die Verminderung der Muskelatrophie und Kraftreduktion infolge einer Immobilisierung durch das einfache Anlegen von BFR-Manschetten, ohne dass muskuläre Kontraktionen vorhanden sind, und
• die, wenn auch noch recht spärlich, gefundenen Auswirkungen auf morphologische Eigenschaften von Sehnen, da diese laut vorherrschender Meinung in der Literatur nur auf deutlich intensivere Reize mit Anpassung reagieren. So schlägt die Forschungsgruppe um Arampatzis und Bohm in ihren vielbeachteten Artikeln vor, dass Sehnen mit 90 Prozent der Maximum Voluntary Contraction (MVC) gereizt werden sollten. Jedoch zeigte eine Studie vergleichbare Effekte von BFR zu traditionellem hochintensivem Krafttraining.

BFR-TRAINING BEI ATHLETEN

Viele Studien, welche die Auswirkungen von Training untersuchen, werden an Untrainierten oder moderat Trainierten durchgeführt. Je weniger Trainingserfahrung ein Proband aufweist, umso leichter ist es, adäquate Reize zu setzen. Forschungen an professionellen Sportlern oder gut trainierten Athleten sind hingegen viel seltener, da es bei ihnen wesentlich schwieriger ist, Effekte zu erzielen. Es wundert daher nicht, dass im Training häufig intensive Trainingsmethoden eingesetzt werden – sei es im Kraft-, im Schnelligkeits- oder im Ausdauertraining. Allerdings hat jeder Körper nur eine begrenzte Menge an „Regenerationsenergie“. Einfach formuliert: Jeder Körper kann nur eine bestimmte Menge an Trainingsreizen verarbeiten,bevor er überlastet wird und negative Adaptionen zeigt. Diese können sich dann als Schmerzen, Degeneration von Geweben, Verletzungen oder verminderte Leistungsfähigkeit zeigen. Da jedoch das Ziel eines jeden Trainers die Aufrechterhaltung der Gesundheit bei gleichzeitiger Leistungssteigerung eines Sportlers sein sollte, sind negative Folgen von zu viel bzw. zu intensivem Training zu verhindern.
In diesem Zusammenhang kann die Blood Flow Restriction eine Möglichkeit darstellen, die Belastung der Gewebe (Muskeln, Sehnen und Fasziengewebe) zu verringern und dennoch gewünschte Adaptationen zu erzielen. Trotz verringerter externer Last zeigen sich auch bei hochtrainierten Sportlern Anpassungen von Muskelmasse und -kraft. Besonders interessant sind durchgeführte Untersuchungen an amerikanischen Football-Collegespielern. Jedem ist klar, dass diese Athleten sehr intensivem Training ausgesetzt sind, viel Trainingserfahrung haben und eine hohe Leistungsfähigkeit besitzen. Dennoch konnten durch das Ersetzen eines Teils des „normalen“ Trainings positive Effekte auf die obigen Parameter beobachtet werden. So erhöhten die BFR-Gruppen ihren 1-RM im Bankdrücken um etwa 7 Prozent und ihre Kniebeuge um 8–13 Prozent, während die Kontrollgruppen ihren 1-RM lediglich um 3–5 Prozent und ihre Kniebeuge um 5–7 Prozent verbessern konnten. Ebenso konnte die BFR-Gruppe in einer der Studien ihren Brust und Beinumfang im Vergleich zur Kontrollgruppe um das Zwei- bis Dreifache steigern.
Das Besondere an diesen Werten ist, dass diese Zuwächse erzielt wurden, obwohl die Athleten bereits vor Studienbeginn hohe Leistungen in den gemessenen Bereichen erzielt hatten. In der Studie von Luebbers et al. erreichten die Athleten vor Studienbeginn 130 Kilogramm im Bankdrücken und 190 Kilogramm in der Kniebeuge. Die Differenzen zwischen BFR- und Kontrollgruppe sind daher erstaunlich. Unterstrichen werden die positiven Ergebnisse hinsichtlich der Wirksamkeit von Okklusionstraining bei Athleten zusätzlich in einer systematischen Übersichtsarbeit aus dem letzten Jahr. Die Autoren konstatieren in der Konklusion der Arbeit: „The literature appears to support that BFR can lead to improvements in strength, muscle size, and markers of sports performance in healthy athletes. Combining traditional resistance training with BFR may allow athletes to maximize athletic performance and remain in good health. Additional studies should be conducted to find an optimal occlusive pressure to maximize training improvements.”

SYSTEMATISCHE EINFÜHRUNG

Die Blood Flow Restriction wird daher als Zusatz zu der üblichen Trainingsroutine empfohlen, um die athletische Leistungsfähigkeit bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Gesundheit zu optimieren. Allerdings sollte das Training mit BFR systematisch in das normale Training eingeführt werden und zudem die Regenerationskapazität der Athleten beachtet werden. Im Fall von bereits stark belasteten Athleten sollte BFR nicht zusätzlich zu der normalen Trainingsroutine eingesetzt werden, sondern eher einen Teil des bisherigen intensiven Trainingsvolumens ersetzen. Nachfolgend einige Situationen, in denen sich der Einsatz von BFR als lohnend erwiesen hat:
• Muskelaufbau in der Wettkampfsaison: Häufig ist Hypertrophie in der Saison schwierig zu ermöglichen, da die Spieler durch die vielen Spiele zum einen stark belastet sind und zum anderen wenig zeitliche Ressourcen haben. BFR bietet in diesem Zusammenhang einige Vorteile, wie beispielsweise eine kürzere Trainingsdauer und eine geringere globale Müdigkeit, da die Müdigkeit stärker lokal durch Akkumulation von Metaboliten hervorgerufen wird und schneller „beseitigt“ ist. So zeigen Studien eine schnellere Erholung nach BFR im Vergleich zu hochintensivem Krafttraining.
• Tendiopathien: Viele Athleten klagen immer wieder über Probleme im Bereich der Sehnen. Ein Beispiel ist das Patellaspitzensyndrom, das verstärkt bei Sportlern vorkommt, die viel springen und landen müssen. Abhilfe kann hier BFR schaffen, indem es die Intensität der Belastung verringert und gleichzeitig die Sehnen stärkt. BFR kann in diesem Zusammenhang auch gut mit isometrischen Übungen kombiniert werden.
• Ausdauertraining: BFR in Kombination mit Ergometertraining oder Spazierengehen erweist sich laut Studien als effektive Trainingsintervention zur Stärkung der Ausdauerfähigkeit. Vorteilhaft gegenüber regulären Ausdauereinheiten sind die deutlich kürzere Dauer und die geringere dynamische Belastung des Muskel-Sehnen- Apparates.

FAZIT

BFR wird mittlerweile von vielen Profivereinen und Sportlern genutzt. Die einfache und schnelle Anwendung bei gleichzeitig hoher Sicherheit macht diese Trainingsmethode in vielen Bereichen interessant. Neben den hier dargestellten gibt es natürlich noch eine Vielzahl anderer Möglichkeiten der Anwendung des Okklusionstrainings. Es liegt am Trainer, die jeweilige Situation zu bewerten und die passende Trainingsmethode und Programmierung zu wählen. Mittlerweile zeigen über 140 Randomized Controlled Trials (RCTs), 20 Metastudien und 8 Reviews, dass sich Blood Flow Restriction Training als Methode etabliert hat.


Foto: Konstantin Stamm

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