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Das ist beim Training mit geistig behinderten Menschen wichtig

Das ist beim Training mit geistig behinderten Menschen wichtig

Fit trotz Handicap: Personal Training für geistig behinderte Menschen

Alex Burow bietet der mangelnden Inklusion von Behinderten die Stirn. Als gelernter Heilerziehungspfleger und Personal Trainer trainiert er in Köln Menschen mit Behinderung. Auch Kerstin Kleinenbrands hat sich dem Personal Training von Behinderten verschrieben und ist spezialisiert auf das Training von Menschen mit Trisomie 21.

Behinderte Menschen ernten in Fitnessanlagen als Reaktion zunächst verwunderte Blicke. Zeigen sie, was sie können, ändern sich die Gesichtszüge der anderen Mitglieder; sie staunen. Erst, wenn sich alle daran gewöhnt haben, dass behinderte Menschen in ihrem Umfeld trainieren, lassen auch die aufdringlichen Blicke nach. Aber genau diese Blicke müssen Menschen mit Behinderung tagtäglich aushalten.

Deshalb ist es wichtig, dass sie am Anfang mit dem Training nicht allein sind und mit Respekt behandelt werden. Aber vor allem ist es von Bedeutung, dass alle körperlich und geistig behinderten Menschen überhaupt die Möglichkeit haben, an einem Fitnesstraining teilzunehmen.

 

Spezialisiert auf geistig Behinderte

Behinderung ist nicht gleich Behinderung. Das Training von körperlich Behinderten in Rollstühlen oder von Menschen mit Arm- oder Beinprothesen ist sicherlich weit weniger schwierig als der Umgang mit geistig Behinderten. Einer, der sich damit leichttut, ist Alex Burow. Als Heilerziehungspfleger hat er den Vorteil, dass er sich mit den Belangen Behinderter gut auskennt. Das nutzt er für seine Arbeit als Personal Trainer und bietet Heimleitern und Leitern von Wohngruppen Fitnesstraining für ihre Schützlinge an. Einrichtungen für Behinderte haben nicht immer genug spezialisiertes Personal, um ihren Bewohnern Fitness nahezubringen.

Auch Eltern mit behinderten Kindern haben es schwer, entsprechende Angebote zu finden. Diese Lücke füllt Alex Burow. Er bietet neben individuellem Personal Training auch Gruppenevents, wie Walking, an. „Mit Vibrationstraining, konventionellem Fitness-
training oder dem Manual Resistance Training, bei dem der Personal Trainer durch direkten Körperkontakt den entsprechenden Trainingswiderstand aufbaut, helfe ich jedem, den Weg zu mehr körperlichem Wohlbefinden einzuschlagen und beizubehalten“, sagt Alex Burow.

„Die wichtigsten Fähigkeiten neben der fachlichen Kompetenz sind Empathie und Geduld. Besonders bei behinderten Menschen treten Charaktereigenschaften – auch die schwierigen – meist viel stärker hervor, weil sie über weniger kognitive Strategien verfügen, ihre Stimmungen zu überspielen.“ Man müsse sich auf unterschiedlichste Situationen einstellen können. „Wichtig ist, nicht unvorbereitet in ein entsprechendes Trainingsprogramm zu starten. Man muss wissen, mit wem man da unterwegs ist.“ Es könne passieren, dass geistig behinderte Menschen z.B. beim Walking einen epileptischen Anfall bekämen, einen Schreianfall hätten oder sie einfach auf die Straße liefen. Selbst ein aggressives und autoaggressives Verhalten müssten berücksichtigt werden.

 



 

Selbstbewusstsein stärken

Auf die Frage, bei welchen Behinderungen Personal Trainer an ihre Grenzen kämen, antwortet Alex Burow: „Ich denke, dass es für empathische, geduldige und fantasievolle Trainer kaum Grenzen gibt, d.h. nicht, dass man mit jeder Person klarkommt, und auch nicht, dass jedes Training gelingt. Aber gerade weil Menschen – und nicht nur behinderte Menschen – so individuell sind, brauchen sie auch ein individuelles Training. Ich glaube, man kann auch mit schwerst/mehrfach behinderten Menschen trainieren; es wird nur kein ‚klassisches Training‘ sein. In solch einem Fall sollte man natürlich schon sehr genau wissen, was man tut und was man dem Klienten abverlangen kann.“

„Behinderte Menschen trauen sich häufig nicht viel zu, weil ihnen aus Sorge, es könnte etwas passieren, viele Erfahrungen verwehrt werden“, sagt der Personal Trainer.  „Deshalb ist es besonders wichtig, Vertrauen aufzubauen.“ Dadurch verbessere sich dann das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.

 

Training mit Menschen mit Down-Syndrom

Kerstin Kleinenbrands ist Diplom-Sportwissenschaftlerin und Personal Trainerin. Sie hat sich auf Functional Training spezialisiert und bietet ein Sportprogramm für Menschen mit Trisomie 21, besser bekannt als Down-Syndrom. Eine spezielle Ausbildung für den Umgang mit behinderten Menschen hat sie nicht. Sie ist mit ihrem an Trisomie 21 erkrankten Cousin aufgewachsen. Diese Erfahrung war ihr Beweggrund, mit Behinderten zu arbeiten. „In Kleingruppen oder im Einzeltraining biete ich funktionales Ganzkörpertraining“, sagt Kleinbrands. Im Auftrag der Koordinierungs-, Kontakt- und Beratungsstelle für Menschen mit Behinderung (KoKoBe) in Mühlheim hat sie Menschen mit Down-Syndrom in kleinen Gruppen trainiert.

 



 

„Bei Menschen mit einer Behinderung wie Trisomie 21 können Probleme mit dem Herzen, Atemwegserkrankungen und körperliche Beeinträchtigungen auftreten. Gerade deshalb ist es umso wichtiger, dass sie sich sportlich betätigen. Durch ein ausgewogenes Sportprogramm kann diesen Risiken entgegengewirkt werden“, sagt Kerstin Kleinenbrands. Es gäbe natürlich schon einige soziale Angebote für Behinderte, wie Sport, Yoga oder Walking. „Allerdings empfinde ich das Angebot als sehr begrenzt“, sagt Kerstin Kleinenbrands. Meist seien finanzielle Gründe die Ursache für das mangelnde Angebot. Geduldig, motivierend und mitreißend muss man sein und man muss sich immer wieder etwas Neues ausdenken, damit es nicht langweilig wird.“ Da die Teilnehmer in kleinen Gruppen sehr unterschiedlich sind, betreut Kerstin Kleinenbrands maximal fünf Teilnehmer. Das sei das absolute Maximum, da man sonst der Betreuung nicht gerecht werden könne.

 

Einfache Worte und Bilder zur Kommunikation

Der Trainer muss für eine reibungslose Kommunikation sorgen und kümmert um die Belange der Behinderten. Behinderte müssen wissen, wer sie unterstützt, wenn sie Hilfe brauchen. Personal Trainer können genau da helfen. Zudem sind z.B. geistig behinderte Menschen langsamer und vergessen Dinge wieder. Dann müssen Erklärungen langsam und mit leicht verständlichen Worten erfolgen. Zur Not müssen Dinge auch mehrmals wiederholt werden. Die Regeln für das sportliche Miteinander müssen klar festgelegt sein und kommuniziert werden.

 

Alex Burow mit seinen Schützlingen beim Walking

Dafür müssen Trainer entsprechend qualifiziert sein. Eine spezifische Ausbildung brauchen sie allerdings nur, wenn sie im Rehabilitationssport tätig sind. Dieser wird durch die Krankenkassen bezahlt und muss über die Behindertenverbände beantragt werden. Hierzu wird eine spezielle Qualifikation als Übungsleiter verlangt.

 

Barrieren in den Köpfen

Fitness mit behinderten Menschen erfordert laut dem Deutschen Behindertensportverband aber vor allem den Abbau von Barrieren in den Köpfen. Trainer müssen also eine positive Grundhaltung gegenüber Menschen mit Behinderungen haben. Gegenseitiger Respekt, Wertschätzung sowie Anerkennung der Mitmenschen sind wichtige Grundvoraussetzungen dafür, dass Fitnesstraining mit behinderten Menschen gelingt. Verschiedenheit muss wertgeschätzt und respektiert werden.

 

Den vollständigen Artikel findest du im Trainer-Magazin 4/16, geschrieben von Rita Hoogestraat

 



 

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