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Functional Training im Groupfitness

Functional Training im Groupfitness

Wie werden Toning-Kurse funktionell?

Functional Training hat sich in den letzten Jahren immer mehr als eigenständiger Trainingsansatz in den Fitnessstudios etabliert. Wie du funktionelle Übungen gezielt in Toning-Kurse integrieren kannst, zeigt Veronika Pfeffer.

So variantenreich, wie ein Training generell ist, so muss auch das Functional Training betrachtet werden: Es gibt keine einheitliche Definition und selbst Experten haben unterschiedliche Sichtweisen.

Definitionen von Functional Training:

• Funktionelle Bewegungsformen integrieren immer mehrere Muskeln und Muskelgruppen gleichzeitig (Gambetta, V./ Gray, G.).

• Functional Training besteht überwiegend aus Übungen, bei denen der Sportler mit beiden Füßen auf dem Boden steht und nicht von einem Kraftgerät unterstützt wird. Er lernt, sein eigenes Körpergewicht zu halten und in verschiedenen Stellungen zu stabilisieren bzw. auszubalancieren (Boyle, M.).

• Eine auf mehrgelenkige und mehrere Ebenen mit propriorezeptiven Reizen ausgerichtete Aktivität der Abbremskraft, Beschleunigungskraft und isometrische Kraft; kontrollierte Mengen an Instabilität; Bodenreaktionskräfte und Kraftmomente involviert (Gambetta, V.).

• Functional Training beinhaltet spezifische Bewegungen im Sinne der Biomechanik, Koordination und/oder Physiologie, bezogen auf die Alltagsaktivität eines Individuums (Stone, M. et al.).

Alltagsrelevante Übungen

Ursprünglich kommt dieser Trainingsansatz aus dem Athletenbereich und wurde sehr sportartspezifisch ausgelegt. Übertragen wir dies auf unsere Fitnesskunden, die meist mit dem Ziel trainieren, ihre Figur zu verbessern und/oder ihre Gesundheit zu optimieren, wäre ihre „Sportart“ der aus Beruf, Familie und Freizeit bestehende Alltag. Ist der Trainingsplan bzw. das Stundenbild nach den Prinzipien des Functional Trainings gestaltet, profitieren die Teilnehmer von folgenden Vorteilen:

• Die Übungen sind alltagsrelevant, gelenkstabilisierend, zeitsparend und dennoch intensiv,

• Verbesserung komplexer Bewegungsmuster,

• das zentrale Nervensystem wird trainiert,

• verbesserte Beweglichkeit, (Kraft-)Ausdauer und
Schnelligkeit,

• Verletzungsprävention und

• Verbesserung der Körperwahrnehmung.

Eingeschränkte Komplexität im Groupfitness

Es muss differenziert werden, ob ein Functional Training im PT, auf der Fläche oder im Groupfitness-Bereich angeboten wird. Im Personal Training kann man viel individuellere und anspruchsvollere Übungen anleiten, da der PT diese direkt bei seinem Kunden kontrollieren und korrigieren kann. Auf der Trainingsfläche hingegen müssen Übungen so gestaltet werden, dass das Mitglied sie auch allein ausführen kann. Im Groupfitness wiederum müssen bei der Komplexität Abstriche gemacht werden, da in einer heterogenen Gruppe selbst der routinierteste Trainer nie 30 Teilnehmer gleichzeitig im Blick haben kann. Das Erlernen der Bewegungen erfordert ein hohes Maß an Konzentration und bei falscher Ausführung besteht eine erhöhte Verletzungsgefahr. Daher solltest du als Trainer im Groupfitness nur solche Übungen einsetzen, die deine Teilnehmer sauber ausführen können.

Spezifisches Warm-up

Bei der Integration von Übungen aus dem Functional Training in Toning-Kurse sollte das Warm-up folgende Komponenten enthalten:

• Ganzkörperbewegungen inklusive der Bewegung von Armen und Beinen,

• dreidimensionale Bewegungen: laterale, frontale und rotierende Bewegungsmuster,

• Einbeziehung der wichtigsten myofaszialen Ketten: Rückenlinie, Frontallinie, Laterallinien, Spirallinien,

• Gleichgewichtsübungen zur Aktivierung der gelenksnahen stabilisierenden Muskulatur.

Bestandteile des Hauptteils

Der Hauptteil einer Groupfitness-Einheit sollte immer die folgenden Bewegungsmuster enthalten:

1. Kniedominante Bewegungen/Drückbewegung des Unterkörpers, wie z.B. Squats in allen Varianten

2. Hüftdominante Bewegungen: Bend/Hinge/Hebebewegungen, wie z.B. Kreuzhebevarianten

3. Einbeinige Bewegungen, wie z.B. Lunge-Varianten

4. Push vertikal & horizontal (Drücken eines Gewichts weg vom Körper), wie z.B. Nackendrücken, Push Up und Bankdrücken

5. Pull vertikal und horizontal (Heranziehen eines Gegenstandes gegen Widerstand zum Körper), wie z.B. Ruderbewegungen oder Klimm-/Latzüge. Die Auswahl an Pull-Bewegungen im Groupfitness ist eingeschränkt, da der Zug/der Widerstand immer von außen kommen muss. „Pull vertikal“ ist fast nur durch einarmiges Latziehen mit Tube möglich, „Pull horizontal“ kann man z.B. durch vorgebeugtes Rudern oder mit dem Kompromiss „BodyRow“ (siehe Abbildung), da nicht zweigelenkig, umsetzen.

6. Core & Rotation: Hierzu sollten mindestens zwei Übungen absolviert werden, da die Core-Muskeln vielseitige Faserverläufe haben, die nicht mit einer einzigen Übung trainiert werden können. Um die Core-Muskulatur für ihre Aufgaben im Alltag zu stärken, bieten sich Übungen wie Plank-Variationen oder Legraise an.

Mehrgelenkige Bewegungsmuster

Alle funktionellen Bewegungsmuster haben gemeinsam, dass sie – im Gegensatz zu eingelenkigen Übungen wie dem Bizeps-Curl – mehrgelenkig sind. Das bedeutet nicht, dass eingelenkige Übungen verboten wären. Diese lassen sich als zusätzliche Übung integrieren oder – noch besser – z.B. mit Squats kombinieren: ein Armcurl, ein Squat nach unten (die Ellenbogen bleiben oben vor dem Körper), Streckung in den Stand und die Arme wieder strecken. Zusätzlich zu den sechs Bewegungsmustern sind für Michael Boyle noch die stabilisierenden Muskelgruppen trainingsrelevant, wie die Schulterblattstabilisatoren, die Hüftabduktoren und -rotatoren sowie die tiefe Bauchmuskulatur (z.B. M. transversus). Das Training dieser Muskelgruppen lässt sich entweder in eines der oben genannten Bewegungsmuster integrieren oder mit separaten Übungen absolvieren.
Ausklang: Regeneration und Entspannung

Der Stundenausklang dient der Regeneration sowie der mentalen und körperlichen Entspannung. Hierfür eignen sich passiv-statisches Stretching, lockere Mobilizer unter Berücksichtigung der myofaszialen Ketten oder langsames Ausrollen mit der Faszienrolle.

Definition der Trainingsparameter

Die Ziele der meisten Teilnehmer in Toning-Kursen bestehen aus Abnehmen, Straffen, Definieren und Kraft aufbauen. Um diese zu fördern, sollten die Trainingsparameter in Toning-Kursen folgendermaßen definiert werden:

Belastungsparameter: 8–12 Wiederholungen (Einsteiger auch 16 Wiederholungen), 3–4 Sätze, ergänzt durch aktive Pausen, um die Motivation und den Stundenflow aufrechtzuerhalten. Als „Pausenübung“ für die eine Muskelgruppe wird eine Übung für eine andere Muskelgruppe in derselben Ausgangsposition (= Workingposition) gemacht oder einer anderen Workingposition, in die man schnell wechseln kann, wie z.B. Vierfüßlerstand/Plank und Bauchlage. Ebenso kann man eine Mobility- oder Cardioübung als aktive Pause heranziehen.

Fazit

Bei der Integration von Functional Training in Toning-Kurse bleiben die Grundprinzipien der Groupfitness wie frontale Gruppenorganisation und -ausrichtung, die Levelvariationen, das Anbieten von Alternativen, das Arbeiten mit Musik und der Stundenflow erhalten. Ebenso die Schlagwortmethode, bei der der Trainer in knappen, prägnanten Sätzen die Teilnehmer schnell in die Bewegung bringt und während der Übung didaktische Hinweise und Techniktipps gibt. Functional Training findet sich im Stundenaufbau und bei der Übungsauswahl wieder durch mehrdimensionale Übungen im Warm-up, definierte Bewegungsmuster im Hauptteil und Mobilisation (optional mit der Faszienrolle) beim Cool-down. Die Entwicklung im Groupfitness ist sicher noch nicht abgeschlossen. Der nächste Schritt im Bereich Groupfitness wird meines Erachtens nach die Integration des Neuroathletik- Trainings sein.

Veronika Pfeffer

Fotos: Veronika Pfeffer, Photograph Dennis Seelig, Fitness First

 

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