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KAATSU – Muskelaufbau unter Druck

KAATSU – Muskelaufbau unter Druck

Lange Zeit ging man davon aus, dass hohe Lasten im Krafttraining eine Grundvoraussetzung für Kraftzuwachs seien. Als untere Grenze galt etwa 65 Prozent der willkürlichen Maximalkraft – darunter seien keine strukturellen Anpassungsprozesse der Muskulatur zu erwarten. Mittlerweile ist jedoch wissenschaftlich abgesichert: Auch deutlich niedrigere Lasten von gerade einmal 20 Prozent der willkürlichen Maximalkraft können genauso effektiv sein, wenn dabei die Blutzufuhr verringert wird. In Japan ist diese Trainingsform unter dem Namen KAATSU äußerst populär. In den USA und Europa ist die Trainingsform inzwischen ebenfalls angekommen – bisher hauptsächlich in Leistungssport und Rehabilitation.

KAATSU ist die japanische Bezeichnung für „zusätzlicher Druck“. Der Druck entsteht durch die Anlage pneumatischer Manschetten an Oberarmen oder Oberschenkeln. Die dabei entstehende Kompression der Blutgefäße bewirkt eine Verlangsamung der Blutzirkulation. Die Effekte dieser in der wissenschaftlichen Literatur auch Blutdurchflussbegrenzungstraining (Bloodflow restricted training, BFR) genannten Methode sind erstaunlich: Da die externen Lasten beim KAATSU-Training praktisch auf dem Niveau von Alltagsbewegungen liegen, konnten in unterschiedlichen Studien Muskel- und Kraftzuwächse sogar beim Walking auf dem Laufband nachgewiesen werden. Aus diesem Grund wird das KAATSU-Training auch im Gesundheits- und Rehabilitationsbereich eingesetzt, da es möglich ist, bei niedriger Gelenkbelastung Kraft- und Muskelzuwächse zu erzielen, wie sie sonst nur mit einem intensiven Krafttraining möglich sind.

Wie wirkt KAATSU?
Die Anlage der Manschetten führt zu einer Störung der Sauerstoffversorgung des Muskels und einer Anhäufung von Stoffwechselmetaboliten in der trainierten Extremität. Der Arbeitsmuskel kann sich aufgrund eines lokalen Sauerstoffmangels nicht mehr erholen. Die Störung der myozellularen Sauerstoffhomöostase schränkt die Versorgung des Muskels mit Substraten ein und verhindert den Abtransport der Metaboliten. Mit zunehmendem intramuskulärem Druck vermindert sich die Blutversorgung des Muskels zusätzlich. Die Bedeutung der Ermüdung und der Anhäufung von Metaboliten für Kraft- und Muskelzuwächse ist bereits seit den 1990er Jahren bekannt. Im dynamischen Krafttraining ist folglich nicht die Höhe der Belastung für das Sauerstoffdefizit ausschlaggebend, sondern die Länge der Einschränkung der Blutversorgung. Es konnte nachgewiesen werden, dass das KAATSU-Training bei korrekter Anwendung keinen Muskelkater verursacht. Die dadurch verkürzten Regenerationszeiten führen zu zeitlich schnelleren Anpassungen.

Die Story
Mindestens genauso spektakulär wie seine Wirkungsweise ist die Entstehungsgeschichte von KAATSU: 1966 bemerkte der 18-jährige Bodybuilder Yoshiaki Sato bei einem buddhistischen Gebet nach stundenlangem Knien in der traditionellen japanischen Position, dass seine Beine als Ergebnis des eingeschränkten Blutflusses genauso wie beim Training angeschwollen waren. Da kam Sato die zündende Eingebung: Für Kraft- und Muskelzuwächse müsse die Länge der Einschränkung der Blutversorgung ein entscheidender Faktor sein. In den folgenden sieben Jahren experimentierte der junge Mann aus Tokio fleißig in zahllosen Selbstversuchen mit Fahrradschläuchen, Bändern, Seilen und unterschiedlichen Abbindedrücken an verschiedenen Körperpartien. Nach Jahren entwickelte Sato effektive Trainingsprotokolle für eine sichere Blutflussbeschränkung. Seine Feldforschung führte zu genauen Kenntnissen über die optimalen Längen, Durchmesser, Platzierung und Abbindestärken der Bänder.

Schnellere Regeneration nach Verletzungen
1973 entwickelte Sato die Details des heutigen KAATSU. Bei einem Skiunfall hatte er sich das Sprunggelenk gebrochen und dabei auch seinen Bandapparat im Kniegelenk verletzt. Nach der Diagnose gaben die Ärzte Sato einen Heilungszeitraum von sechs Monaten vor. Trotz Gipsverbands kümmerte sich Sato mit den KAATSU-Bändern selbst um seinen Oberschenkel. Mit wiederholten Druckintervallen von 30 Sekunden und wenigen Sekunden Pause führte er dreimal pro Tag isometrische Übungen aus. Die Ergebnisse seines Programms überraschten seinen Arzt: Seine Muskeln atrophierten nicht und seine vollkommene Genesung dauerte lediglich sechs Wochen! Die Nachricht von seiner spektakulären Genesung sprach sich im näheren Umfeld schnell herum und Sato eröffnete in Tokio sein Trainingszentrum „Sato Sportsplaza“, wo er KAATSU-Training während des folgenden Jahrzehnts mit ortsansässigen und vornehmlich älteren Menschen betrieb. Mit der Kommerzialisierung der ersten KAATSU-Trainingsbänder 1994 meldete Sato seine ersten Patente in Japan, USA und Europa an.

Den ganzen Artikel findet ihr in der Ausgabe 2016/6.

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