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Kreuzheben – Klassisch oder Sumo?

Kreuzheben – Klassisch oder Sumo?

Kreuzheben ist eine der essenziellsten Kraftübungen. Dabei spielt es primär keine Rolle, ob du Muskeln aufbauen, deine Athletik verbessern oder etwas Sinnvolles gegen Rückenschmerzen tun möchtest. Patrick Meinart stellt den Bewegungsablauf beim klassischen Kreuzheben und beim Sumo-Kreuzheben en detail vor.

Das Kreuzheben sollte ein wichtiger Bestandteil deiner Trainingsroutine sein. Es gibt kaum eine funktionellere bzw. bessere Übung, um Kraft und Muskelmasse in die hintere Muskelkette zu bringen. Die Zielsetzung und die individuelle Anatomie sind bei der Wahl der Technik und der Ausführung die entscheidenden Faktoren. Denn es steckt mehr hinter dem Kreuzheben, als nur ein schweres Gewicht von A nach B zu bewegen. Grundsätzlich lassen sich zwei Hauptformen im Kreuzheben unterscheiden: das klassische Kreuzheben und das Sumo-Kreuzheben.

DAS KLASSISCHE KREUZHEBEN

Beim klassischen Kreuzheben liegt der Fokus auf einem rückendominanten Zug. Das bedeutet, dass die Beine weniger der limitierende Faktor sind als der Rücken. Aufgrund der vergleichsweise tiefen Position des Oberkörpers ergibt sich für den Rücken ein größeres Drehmoment. Wenn die Schienbeine in dieser Variante senkrecht bleiben, bleibt die größte Belastung auf dem unteren Rücken. Je weiter die Knie nach vorn kommen, desto größer wird das Drehmoment in den Knien, was zu einer stärkeren Beanspruchung des Beinstreckers führt. Die Hauptaufgabe des Beinstreckers besteht in der Regel jedoch darin, der Aktivität des Beinbeugers entgegenzuarbeiten, um eine Kniestreckung während des Kreuzhebens zu ermöglichen. Die primäre Arbeit kommt jedoch aus der Gesäßmuskulatur und dem M. adductor magnus, der vor allem bei einer starken Hüftflexion eine hohe Aktivität aufweist. Dieser ist zwar in der Kniebeuge stärker beteiligt als im Kreuzheben, übernimmt jedoch auch einen hohen Anteil an der Hüftstreckung im Kreuzheben.
Das klassische Kreuzheben eignet sich vor allem für Personen mit einem kurzen Torso oder langen Armen. Dadurch lässt sich der Oberkörper aufrecht halten, was den Zug erleichtert. Im athletischen Training sollte das klassische Kreuzheben mit einer Hex Bar ausgeführt werden; dadurch lässt sich der Schwerpunkt des Gewichts genau dem Körperschwerpunkt anpassen. Athleten, die Kreuzheben mit einer Hex Bar ausführen, erhalten dadurch einen besseren Übertrag zur Entwicklung ihrer Explosivität als durch eine reguläre Langhantel.
Viele Sportler verwenden gern einen Kreuzgriff, um mehr Gewicht bewältigen zu können. Einen Kreuzgriff solltest du nur wählen, wenn du Kraftdreikämpfer bist. Versuche immer, einen Obergriff beizubehalten. Sollte der Griff beim Zug der limitierende Faktor sein, solltest du dich ergänzend auf ein Griffkrafttraining fokussieren. Grundsätzlich ist gegen den Kreuzgriff nichts einzuwenden, doch dieser wird in der Praxis viel zu häufig angewendet, nur um viel Gewicht bewegen zu können, obwohl die Zugtechnik häufig noch nicht ausgereift ist. Ein Kreuzgriff sollte daher niemals aufgrund einer unzureichenden Technik ausgewählt werden.
Obwohl viele Trainer behaupten, ein Kreuzgriff führe zu einer Überlastung der Bizepssehne, lässt sich eine Verletzung der Sehnen in der Praxis nur selten beobachten. Häufig entstehen Verletzungen der Bizepssehne aufgrund einer mangelhaften Technik und ruckartigen Bewegung, aufgrund einer Überforderung des faszialen Gewebes durch ein hohes Volumen und eine hohe Intensität oder durch die Zufuhr von Steroiden, die die Verletzungsanfälligkeit der Sehnen deutlich erhöhen.

SUMO-KREUZHEBEN

Beim Sumo-Kreuzheben wird ein breiter Stand gewählt. Dies erfordert zwar eine stärkere Hüftabduktion, benötigt aber gleichzeitig auch weniger Beweglichkeit im Beinbeuger. Diese Variante ist überwiegend beindominant und erfordert eine geringere Oberkörpervorlage. Der breite Stand benötigt grundsätzlich weniger Hüftbeweglichkeit, da die Bewegungsamplitude im Vergleich zum klassischen Kreuzheben reduziert ist. Die Anforderung für die Hüfte in Bezug auf das Drehmoment ist aber gleich zu der klassischen Variante. Obwohl die Langhantel näher am Körperschwerpunkt liegt, ist die Entfernung von der Hüfte über den Femur zum Gewicht gleich. Es zählt hierbei nicht die Entfernung zur Langhantel, sondern die Distanz in Relation zum Femur. Da der Femur konstant dieselbe Länge behält, ist auch das Drehmoment für die Hüfte gleich. Durch die starke Abduktion ist die exzentrische Belastung in den Adduktoren größer. Dies ist auch der Grund, wieso viele Athleten nach dem Sumo-Kreuzheben häufiger in den Innenschenkeln Muskelkater bekommen im Vergleich zum klassischen Kreuzheben.

VORÜBUNGEN EINBAUEN

Obwohl das Kreuzheben technisch weit weniger komplex als zum Beispiel die Kniebeuge oder das Bankdrücken ist, tun sich immer noch viele Sportler schwer mit dieser Übung. Daher lasse ich die meisten Sportler gern mit einfachen Vorübungen anfangen und baue eine Progression in das Training ein. Parallel zu der Progression, die ich gleich erläutern werde, baue ich die Rückenstreckung auf der römischen Liege als Ergänzung mit ein. Dabei gilt die Rückenstreckerübung nicht nur als Assistenzübung, sondern gleichzeitig als Benchmark. Das Ziel sollte darin bestehen, acht Wiederholungen im Tempo 40/10 mit 30 kg Zusatzgewicht auszuführen. Bis dies erreicht wird, sollte das Kreuzheben entsprechend der Progression ausgeführt werden. Parallel zum Heben aus dem Rack solltest du ergänzend als Assistenzübungen den Rückenstrecker auf der römischen Liege trainieren. Führe hierbei jeweils drei Sätze mit acht bis zehn Wiederholungen im Tempo 40/10 aus. Spätestens nach Abschluss der Progression solltest du in der Lage sein, die erwähnten acht Wiederholungen mit 30 kg auszuführen.

FAZIT

Schweres Kreuzheben sollte maximal etwa alle zehn bis 14 Tage ausgeführt werden. Vor allem ein langsames Absinken erhöht die exzentrische Belastung, was zu einem erhöhten Regenerationsbedarf führt. Der optimale Wiederholungsbereich fürs Kreuzheben liegt bei etwa drei bis sieben Wiederholungen. Singles und Doubles (Einzel- und Zweierwiederholungen) sollten Wettkampfathleten vorbehalten sein. Mehr als sieben Wiederholungen bringen dem Trainierenden nur einen geringen Nutzen, da das Kreuzheben den größten Effekt zeigt, wenn es im Maximalkraftbereich trainiert wird. Ein hohes Volumen an Kreuzheben erhöht den Erholungsbedarf massiv und führt letzten Endes zu einem geringeren Verhältnis zwischen Nutzen und Aufwand.


PATRICK MEINART
Der Sporttherapeut und Psychologe ist Gründer der RELEASE FITNESS Academy und Ausbilder im Bereich des neurozentrierten Trainings. Er arbeitet an der Schnittstelle zwischen Krafttraining, Therapie und Sport auf Grundlage neurowissenschaftlicher Erkenntnisse.
www.release-fitness.com

Foto: master1305 – stock.adobe.com


Alle Übungen mit Bildern und Beschreibung sowie weitere Artikel findest du in der TRAINER Ausgabe 05|2020

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