In der Trainingspraxis fehlen gut strukturierte Langzeitprogramme für Rückenpatienten. Die verbreiteten 8-Wochen-Programme, die sich aus dem klassischen §20-Kursangebot ergeben, sind für die Mehrzahl der Menschen mit Rückenschmerzen nicht ausreichend.
Jeder erfahrene Trainer und Therapeut empfiehlt seinen Patienten ein dauerhaftes, systematisch aufeinander abgestimmtes Trainingskonzept. Nur mit einem solchen kann langfristig eine Verbesserung der geschädigten Struktur, der Schmerzsituation, der muskulären Defizite und Bewegungseinschränken erzielt werden. Die gewünschte Anpassung und Belastbarkeit der aktiven und passiven Strukturen des Bewegungssystems insbesondere bei Rückenschmerzen erfordert mehr als eine kurzfristige physiotherapeutische Behandlung und 8-wöchige Bewegungsintervention. Multimodulare Rückenkonzepte hingegen sind für den Trainierenden transparent und bieten ihm Sicherheit in allen Trainingsphasen.
Das Konzept
Grundlage des 12-monatigen Rücken-Intensivprogramms ist eine klare Trainingsstruktur. Die Trainingsperiodisierung ist klassisch definiert und dient der organisatorischen Planung von Trainingsmethoden, Belastungsintensitäten und Variationen:
• Makrozyklus: 12 Monate Rücken-Intensivprogramm
• Mesozyklus: 3 Monate (Phase 1–4: je 3 Monate mit unterschiedlichen Schwerpunkten)
• Mikrozyklus: 2–3 Wochen (Wechsel von Übungsvariation und Belastungsnormativen)
Der Trainierende soll in vier Phasen zu einem dauerhaften Rückentraining und Gesundheitsbewusstsein geführt werden. Ein Trainingsbuch dokumentiert die zweimal pro Woche stattfindenden Trainingseinheiten und terminiert Diagnostik und Beratungsgespräche. Standardisierte Organisationsleitfäden sichern dir als Trainer die erfolgreiche Integration des Konzeptes.
Phase 1: Segmentale Stabilisation als Grundlage
Zu Beginn der Einstiegsphase 1 (1.–3. Monat) zeigst du deinem Kunden in einem Anamnesegespräch und einer Bedarfsanalyse Maßnahmen zur Lösung seiner gesundheitlichen Probleme auf. Der Einstieg erfolgt über das spezielle rückentherapeutische Gerätetraining. Vermittle deinen Kunden in Kleingruppen von maximal fünf Teilnehmern mithilfe von Biofeedbackgeräten die segmentale Stabilisation und motorische Kontrolle der LWS. Alternativ kannst du gymnastische Übungsformen zur Stabilisation einsetzen. Beweglichkeits- und Faszientraining ergänzen das Übungsangebot.
Ein Beratungsgespräch, die Trainingsdiagnostik/Verlaufskontrolle und die Besprechung der Trainingsinhalte von Phase 2 beenden das erste Quartal. Dabei dient die Kraftdiagnostik als Grundlage, um die Übungen auf erkannte muskuläre Dysbalancen des Trainierenden abzustimmen.
Phase 2: Training der großen Rumpfmuskulatur
In dieser Phase (4.–6. Monat) stehen Übungen für die großen, haltungsstabilisierenden Bewegungsmuskeln in Kombination mit Beweglichkeits- und Faszientraining auf dem Programm. Zeige den Trainierenden neue Übungen und Trainingsgeräte und integriere hierbei seine Erfahrungen aus der segmentalen Stabilisation und motorischen Kontrolle der LWS. Das anschließende Beratungsgespräch und die Diagnostik leiten in Phase 3 über.
Phase 3: “Activity of daily life”-Übungen
Nach sechs Monaten ist die haltungsstabilisierende Muskulatur und motorische Kontrolle der LWS umfassend aufgebaut, sodass du in der jetzt anstehenden Phase (7.–9. Monat) komplexe, mehrgelenkige Übungen in den Trainingsplan aufnehmen kannst. Hebe-, Stütz- und Stemmübungen mit einem hohen Maß an Autostabilisation fordern jetzt den Trainierenden. Das Beweglichkeits- und Faszientraining sollte ein kontinuierlicher Bestandteil des Trainings bleiben. Beende die Phase mit einer Verlaufskontrolle und einem Beratungsgespräch.
Phase 4: Functional- und Freihanteltraining
In der letzten Phase (9.–12. Monat) vermittelst du deinen Kunden anspruchsvolle Stabilisationsübungen mit Slings und Freihanteln, die sie zu einem langfristigen Gesundheitstraining führen. Die myofaszialen Übungen werden in dieser Phase variiert. Mit der Auswertung des Trainingshandbuches, den Verlaufskontrollen und der aktuellen Leistungsfähigkeit verdeutlichst du deinen Trainierenden das Erreichen der Zielvereinbarung und motivierst sie zur Fortsetzung des Trainings.
Fazit
Während der variantenreichen, gut aufeinander abgestimmten Trainingsphasen bessern sich die Beschwerden bei den meisten Trainierenden schnell, was die Analysen und Beratungsgespräche nach jeder Phase wirkungsvoll unterstreichen. Durch die intensive und kontinuierliche Betreuung über 12 Monate kannst du als Trainer eine enge Vertrauensbasis zu deinen Kunden aufbauen und ihnen dabei helfen, das Training langfristig in ihren Alltag zu integrieren.
Diesen Artikel findest du im Trainer-Magazin 3/17, geschrieben von
Dr. Hartmut Wolff | Der promovierte Sportwissenschaftler entwickelt als Geschäftsführer der Dr. WOLFF Sports & Prevention GmbH seit 35 Jahren präventivmedizinische Trainingskonzepte mit dem Schwerpunkt Rücken & Gelenke. www.dr-wolff.de