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Supplements

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Leistungsbooster oder leere Versprechungen?

Viele Supplemente werden mit Versprechen wie Leistungssteigerung, schnellerem Muskelaufbau, Fettabbau oder positiven Effekten auf die Regeneration beworben. Wissenschaftlich betrachtet halten aber längst nicht alle Mittel, was sie versprechen. Dr. Silvia Kolossa gibt einen Überblick.

Neben den bekannten Proteinshakes und Kohlenhydratriegeln sind Supplemente mit spezifischen Substanzen sowohl im Leistungs- als auch im Breitensport äußerst beliebt. Das Sortiment ist vielfältig: angefangen bei Vitaminen und Mineralstoffen über Aminosäuren und Fettsäuren bis hin zu Pflanzenextrakten. Allerdings ist der Markt der Nahrungsergänzungsmittel in Deutschland weitgehend unreguliert und es gibt kaum Vorschriften zu Höchstmengen oder Qualitätssicherungsprozessen. Einige angebotene Substanzen sind nutzlos oder noch zu unerprobt und produzieren hauptsächlich eines: teuren Urin. Im Einzelfall können hohe Dosierungen oder bestimmte Substanzen sogar schädlich sein.

POSITIVE EFFEKTE NACHGEWIESEN

Verdammen sollte man Supplemente aber nicht, denn richtig dosiert haben viele Substanzen einen nachweislich positiven Effekt auf die Leistung. Es gibt aber Hinweise darauf, dass die Substanzen Wechselwirkungen haben können. Eine bestimmte Kombination verschiedener Substanzen kann demnach die ergogene (leistungssteigernde) Wirkung verstärken oder die Aufnahme über den Darm ins Blut verbessern. Andere Kombinationen können aber das Gegenteil bewirken. Daher sollten die Dosierung und die Kombination der Substanzen immer individuell angepasst werden.

AMINOSÄUREN

• Isolierte BCAA
BCAA ist die Abkürzung für Branched-Chain Amino Acids, verzweigtkettige Aminosäuren. Dazu zählen die drei essenziellen Aminosäuren Valin, Leucin und Isoleucin. Zwar sind Aminosäuren generell wichtige Bausteine für den Muskelaufbau, jedoch hat nach aktuellem wissenschaftlichem Stand eine zusätzliche Einnahme von isolierten BCAA keine positiven Effekte auf die sportliche Leistung. Da BCAA in einer ausgewogenen proteinreichen Ernährung ohnehin reichlich vorkommen, ist möglicherweise bereits ein optimales Level erreicht. Hinzu kommt, dass die Isolierung der einzelnen Aminosäuren technologisch sehr aufwendig ist, was die Produkte teuer macht.

• Beta-Alanin
Die Aminosäure Beta-Alanin ist nicht essenziell, denn der Körper kann sie in der Leber selbst produzieren. Sie bewirkt einen ergogenen Effekt bei hochintensivem Training vor allem bezüglich der Belastungskapazität in Trainingseinheiten zwischen 30 Sekunden und 10 Minuten. Jedoch wird auch immer wieder darauf hingewiesen, dass es durch Beta-Alanin zu Nebenwirkungen wie Missempfindungen auf der Haut, z. B. Kribbeln oder Juckreiz, kommen kann. Studien zeigen, dass eine Kombination mit Kreatin oder Natriumbicarbonat eine zusätzliche Leistungssteigerung bewirken kann.

• Carnitin
Carnitin wird im Körper aus den Aminosäuren Lysin und Methionin hergestellt und ist relevant für den Fettsäuretransport in der Zelle. Bei einer zusätzlichen Zufuhr von Carnitin steigt zwar die Konzentration im Blut, nicht aber in der Muskelzelle. Die erhoffte Fettverbrennung wird deshalb nicht angekurbelt. Bei erhöhten Carnitin-Konzentrationen wird es mit dem Urin einfach wieder ausgeschieden. Die langfristige Einnahme von Carnitin kann unter Umständen zu einem erhöhten Risiko von kardiovaskulären Erkrankungen wie Atherosklerose führen.

• Glutamin
Aufgrund des hohen Vorkommens von Glutamin im Muskel wird dieser Aminosäure eine anabole Wirkung nachgesagt. Sie soll außerdem vor schneller Ermüdung schützen und die Regeneration beschleunigen. Einige Studien zeigen tatsächlich eine leichte Verbesserung von Ermüdungsparametern, dennoch scheint Glutamin nur sehr begrenzte Effekte auf die sportliche Performance zu haben. Nebenwirkungen sind erst bei sehr hohen Dosen über 30 g pro Tag zu erwarten, daher scheint eine Supplementation zumindest nicht schädlich, aber nach bisherigem wissenschaftlichem Stand auch nicht sinnvoll zu sein.

• Kreatin
Eines der populärsten Supplemente ist Kreatin. Kreatin ist sehr gut erforscht und führt nachweislich zu leistungssteigernden Effekten. Positive Auswirkungen auf die Performance sind bei ca. 3–5 g pro Tag festgestellt worden. Ein Irrglaube ist, dass Kreatin die Nieren schädigt. Bei gesunden Sportlern werden die Nieren durch Kreatin nicht belastet oder geschädigt. Durch die gleichzeitige Einnahme von Beta-Alanin kann zusätzlich die Trainingsleistung verbessert werden.

FETTSÄUREN

• Alpha-Liponsäure
Alpha-Liponsäure kommt in fast allen Zellen von Tieren vor und spielt dort eine wichtige Rolle im Energiestoffwechsel. Für positive Wirkungen auf die körperliche Leistungsfähigkeit, den Muskelaufbau oder den Fettabbau liegen aber keine relevanten Studien vor. Derzeit wird Alpha-Liponsäure vor allem zur Behandlung von diabetischen Nervenschäden eingesetzt. In neuesten Analysen zeigte sich die Alpha-Liponsäure geringfügig vorteilhaft bei Übergewicht.

• Omega-3
Omega-3-Fettsäuren sind in erster Linie für ihre gesundheitsfördernden Eigenschaften bekannt. In einigen Studien konnten zusätzlich positive Effekte auf die körperliche Leistungsfähigkeit beobachtet werden. Dosen von bis zu 5 g pro Tag werden von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit als sicher eingestuft, wobei eine gesundheitsförderliche Wirkung schon ab 250 mg zu erwarten ist.

MINERALSTOFFE UND VITAMINE

Für Eisen, Magnesium und Zink sowie für die Vitamine gilt: Sie sind lebensnotwendig. Daher sollte ein Mangel unbedingt vermieden werden. Eine Überversorgung aus natürlichen Lebensmitteln ist kaum möglich, bei Supplementen kann sie aber durchaus vorkommen. Daher ist eine auf den individuellen Bedarf, also die tatsächlichen Blutwerte, abgestimmte Supplementation sinnvoll.

• Eisen
Eisendefizite kommen vor allem bei Ausdauersportlern häufig vor und können die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Es sollte also unbedingt auf eine ausreichende Zufuhr geachtet werden. Eine Supplementation sollte nur erfolgen, wenn ein Eisenmangel nachgewiesen wurde, da eine zu hohe Zufuhr zu einer gesundheitsschädlichen Eisenüberladung führen kann.

• Magnesium
Viele Sportler nehmen Magnesium-Supplemente zur Behandlung und Vorbeugung von Muskelkrämpfen. Wissenschaftlich ist die Wirksamkeit jedoch nicht belegt, auch wenn Magnesium wie alle anderen Elektrolyte durch den Schweiß aus dem Körper gespült werden und Sportler so einen Mehrbedarf an diesen Mineralstoffen haben. Bei einer zusätzlichen Zufuhr von Magnesium konnten bei ausreichender Versorgung keine vorteilhaften Effekte auf die muskuläre Fitness erzielt werden. Aufgrund der abführenden Wirkung von einigen Formen oder bei zu hoher Dosierung findet man Magnesium daher häufig zur Behandlung von Verstopfungen und nicht zur Behandlung von Krämpfen. Zink und Magnesium sollten nicht zeitgleich eingenommen werden, da sie sich gegenseitig an der Aufnahme über den Darm ins Blut behindern.

• Zink
Wie auch bei anderen Mikronährstoffen, z. B. Eisen, kann es bei Zinkmangel zu Einbußen in der körperlichen Leitungsfähigkeit kommen. Derzeit liegen jedoch noch keine Studien vor, die eine Leistungssteigerung bei adäquatem Versorgungsstatus zeigen konnten.

• Natriumcarbonat
Chemisch korrekt wird es als Natriumhydrogencarbonat oder kurz Natron bezeichnet. Das Supplement dient als Puffer im Blut und verhindert damit eine Übersäuerung. Einige Studien zeigen einen positiven Effekt von Natriumbicarbonat, beispielsweise verzögert es die Ermüdung und steigert die Leistung im Sport mit hoher Intensität bei einer Einnahme von 300 mg pro kg Körpergewicht ca. 90–120 Minuten vor dem Wettkampf. Die Kombination aus Beta-Alanin und Natriumbicarbonat könnte zusätzlich positive Auswirkungen haben. Natriumbicarbonat kann zu Magen-Darm-Beschwerden führen, daher sollten Sportler es am besten zusammen mit einer kleinen kohlenhydratreichen Mahlzeit einnehmen.

• Antioxidantien
Antioxidantien umfassen verschiedene Stoffgruppen. Nicht nur Vitamin C und E haben antioxidative Eigenschaften, sondern auch Polyphenole und Carotinoide. Im Ausdauersport sind diese Stoffe sehr gut untersucht. Die Ergebnisse der Studien bezüglich einer Leistungssteigerung oder verbesserten Regeneration sind jedoch nicht eindeutig. Hohe Dosierungen können sogar nachteilige Wirkungen mit sich bringen, beispielsweise kann der Muskelaufbau behindert werden. Eine Supplementierung wird daher nicht empfohlen.

WEITERE SUBSTANZEN

• Melatonin
Das Hormon Melatonin regelt den Tag-Nacht- Rhythmus und wird gebildet, wenn es dunkel wird und kein Licht mehr auf die Netzhaut trifft. Die aktuelle Datenlage weist darauf hin, dass Melatonin die Schlafqualität verbessern kann. Damit könnte Melatonin Sportlern helfen, ihre Regenerationsfähigkeit zu verbessern. Interaktionen mit anderen Hormonen, Medikamenten oder Supplementen sind jedoch noch nicht erforscht. Melatonin ist zudem auch ein Antioxidans und kann entsprechende Auswirkungen haben.

• Koffein
Koffein zeigt in vielen Studien eine ergogene Wirkung in verschiedenen Sportarten sowohl bei aerobem als auch anaerobem Training. Dabei wurden Probanden Dosen von etwa 400–600 mg bzw. 3–6 g pro kg Körpergewicht verabreicht – entweder vor oder während des Trainings. Höhere Dosen hingegen scheinen keine zusätzlich stärkere Wirkung zu haben.

• Taurin/Energydrinks/Pre-Workout-Shots
Die Datenlage über leistungssteigernde Effekte durch Energydrinks oder Pre-Workout-Shots ist nicht eindeutig. In einigen Studien scheint Taurin ausschlaggebend für den ergogenen Effekt zu sein, andere Studien wiederum konnten keine Effekte beobachten.
Gesundheitliche Risiken wie kardiovaskuläre Komplikationen gehen jedoch mit dem Konsum von Energydrinks einher. Ein zusätzlicher Konsum dieser Substanzen zur Leistungssteigerung bzw. -optimierung kann deswegen grundsätzlich nicht empfohlen werden.

• Rote-Bete-Extrakt
Die Supplementierung mit Rote-Bete-Extrakten hat positive Effekte im Kraftsport, im Kraftausdauer- und im Ausdauerbereich erzielt, beispielsweise wird die Zeit bis zur Erschöpfung verzögert und nach der Übung wahrgenommener Muskelkater verringert. Nitrate, die in Rote Bete vorkommen, scheinen dafür verantwortlich zu sein. Die Dosierungsangaben sind in den verschiedenen Studien sehr unterschiedlich – zwischen täglich 70 ml bis zu 150 ml Rote-Bete- Saft – und müssen demnach auf die Sportart und das Individuum angepasst werden.

• Kurkumaextrakt
Die Datenlage zum Effekt von Kurkuma und dem darin enthaltenden Curcumin auf den Sport ist dünn. Dennoch zeigten sich in den wenigen Studien verschiedene positive Effekte von Curcumin auf die körperliche Leistungsfähigkeit. So könnte Curcumin Muskelschäden und Ermüdung reduzieren und die Regeneration fördern, jedoch ohne dabei die natürliche Entzündungsreaktion, die auf das Training folgt, zu beeinflussen. Des Weiteren ist Curcumin in der Lage, trainingsinduzierten oxidativen Stress abzuschwächen.

INDIVIDUELL SUPPLEMENTIEREN

Für eine optimale Supplementation müssen die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Substanzen und die individuelle Abstimmung auf den persönlichen Bedarf, die jeweiligen Ziele und die Sportart beachtet werden. So können unnötige Einnahmen, Über- oder Unterdosierungen, Unverträglichkeiten oder auch Wechselwirkungen mit Medikamenten oder anderen Supplementen vermieden werden. Von einer Supplementierung nach dem Gießkannenprinzip getreu dem Motto „Viel hilft viel“ ist abzuraten.


DR. SILVIA KOLOSSA

Die Ernährungswissenschaftlerin arbeitet als Head of Scientific Affairs bei LOEWI, einem Pionier im Bereich der personalisierten Nahrungsergänzung.

www.loewi.com


Foto: Room 76 Photography r – stock.


Diesen sowie weitere Artikel findest du in der TRAINER Ausgabe 01|2021

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