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Telomere

Telomere

Telomere

Schutzpaket der Chromosomen

Telomere schützen die Enden der Chromosomen vor einem Abbau und bewirken, dass sich Zellen immer wieder teilen können – sie sind somit ein wahrer Jungbrunnen für unsere Zellen. Dr. Moritz Tellmann erklärt, wie sich der persönliche Lifestyle auf die Chromosomenenden auswirkt und was du tun kannst, um sie als Jungbrunnen zu nutzen.

Wenn Wissenschaftler über „die Biologie des Alterns“ diskutieren, kommen sie unweigerlich immer auf die Telomere zu sprechen. Dabei handelt sich um kleine, unseren Chromosomen (Erbgut) anhängenden, sich wiederholende Gensequenzen aus sechs Basenpaaren. Telomere (Telo = am Ende, meros = Teil; Endabschnitt eines Chromosoms) enthalten keine genetische Information für unseren Zellen. Sie dienen damit auch nicht als Vorlage für die Proteinbildung. Dennoch sind diese kleinen, auch als „Chromosomenkappen“ bezeichneten Anhängsel für unsere Zelle von größter Bedeutung. Neue Studien gehen sogar davon aus, dass sich im Grenzgebiet der Chromosomenenden wichtige Gene befinden.
Konkret sollen Telomere das Erbgut während der Replikation schützen, denn bei jeder Zellteilung werden die Telomere immer kürzer im Sinne einer Art „Abnutzungserscheinung“. Das führt irgendwann dazu, dass sich die Zellen nicht mehr teilen können. Ein spezielles Enzym namens Telomerase ist in der Lage, diese „Schutzkappen“ wiederherzustellen, sodass eine jede Zelle potenziell eine unendliche Lebenszeit aufweisen könnte.
Natürlich gibt es noch andere Faktoren, die den Zelluntergang oder die Zellteilungsunfähigkeit bedingen. Dennoch existieren in unserem Körper einige Zellen und Gewebe, denen die Telomerase hilft, sich stetig weiter und theoretisch unendlich oft teilen zu können. Das sind zum einen Stammzellen, leider aber auch Krebszellen. Hier kommt es zu Mutationen, die das Erbgut immer wieder regenerieren kann, und somit ein ungehemmtes Wachstum im Zusammenspiel mit weiteren Mutationen in wichtigen „Schutzgenen“ fördern können.

„JUNGBRUNNEN “ CHROMOSOMENENDEN

Die Telomere sind in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus der „Jungbrunnen- und Altersmedizin“ gerückt. Denn es mehren sich die Hinweise und Belege dafür, dass sie ein wichtiger Angriffspunkt für Schutz-, aber auch Schädigungsmechanismen darstellen, die die Lebenszeit unserer Zellen verkürzen oder eben auch verlängern können. Einfach ausgedrückt: Es gibt Faktoren, die die Telomere schädigen und die Lebenszeit der Zelle verkürzen können. Dazu gehören z. B. chronischer Stress(mit dauerhaft erhöhten Hormonspiegeln an Cortisol, Dopamin und dem sympathoadrenergen System), Rauchen oder Bewegungsmangel (Rauchen 2.0). Diese negativen Einflüsse scheinen sich dabei zu potenzieren. Auch der Alterungsprozess per se wirkt sich negativ auf die Telomere aus. Mit Risikofaktoren findet dieser Prozess aber deutlich schneller statt. Verkürzte Chromosomenenden spielen zudem eine entscheidende Rolle bei der frühen Entstehung von Krebserkrankungen und einer Reduktion der Lebenserwartung.

TELOMERE SCHÜTZEN

Wenn es schädigende Einflüsse gibt, so muss es wohl auch protektive Faktoren geben, die die Telomere erhalten bzw. deren Abbau verlangsamen. Insbesondere die Kombination aus regelmäßiger Bewegung, Nikotinverzicht, gutem Stresscoping, ausreichend Schlaf und einer bunten, antiinflammatorischen und wenig industriell verarbeiteten Ernährung lässt sich immer wieder als Telomerpflege beschreiben. Gerade regelmäßiger Ausdauersport und die Minimierung von Negativstress scheinen eine stabilisierende Wirkung zu haben. Eifrige Anti- Aging-Wissenschaftler gehen von fünf bis sieben Jahren höherer Lebenserwartung aus, wenn sich diese Faktoren potenzieren.
Im Tiermodellversuch lässt sich die Telomerlänge gut messen. Aber wir sind glücklicherweise noch weit davon entfernt, unsere Lebenserwartung anhand der Telomerlängenbestimmung konkret vorauszusagen.

TELOMERFREUNDLICHER LEBENSSTIL

Für die Praxis des Trainers, Coaches und Mediziners bedeuten die Erkenntnisse über die Positiv- und Negativeinflüsse auf die Telomere ein weiteres genetisch-biologisches Argument für ein gesundes und Telomer-freundliches Leben. Selbst für die größten Skeptiker eines vernünftigen Lebensstils gibt es definitiv durchschlagende zelluläre Argumente für den Schutz des eigenen Erbguts, die sogar mit einem Nobelpreis ausgezeichnet wurden.
Es sollte zum Wissensfundus eines Beraters zum Thema „Gesundheit“ gehören, protektive und destruktive, Telomer-schädigende Einflüsse zu kennen und sie dem Kunden zu vermitteln.

RISIKO- UND SCHUTZFAKTOREN

Eine quantitative Einschätzung der Wirkung auf unsere Telomere für einzelne Faktoren bleibt nach wie vor sehr spekulativ. Sowohl die Intensität als auch die Dauer und das Ausmaß der Risiko oder Schutzfaktoren bleibt individuell sehr unterschiedlich. Am ehesten sinnvoll ist eine summarische Betrachtung für den Einzelnen. So ist eine gut gemeinte Verrechnung von Risiko- und Schutzfaktoren auf keinen Fall wissenschaftlich fundiert und es sollte eher als globale Orientierung bei der Empfehlung im Umgang mit Risikofaktoren sein.

PRAXISBEISPIEL: „TELOMEROPATHIE“

Wenn auch sehr selten, so gibt es doch eigene „Krankheits-Entitäten“, die sich pathophysiologisch an den Telomeren abspielen. Ein Beispiel hierfür ist die Dyskeratosis congenita (DKC), bei der es durch angeborene (nicht erworbene) Defekte im Telomerase-Gen zu einer frühzeitigen Seneszenz (Alterung) wichtiger Gewebsstammzellen kommt. Das hat zur Folge, dass je nach Ausprägung der Erkrankung insbesondere schnell wachsende Organe/Gewebe frühzeitig ihre Funktion verlieren und altern. Dazu gehören vor allem das Hämatopoetische System (verantworlich für die Blutbildung) sowie das Bindegewebe und Nägel, Haare, Haut, aber auch Lunge und Darm. Hier kann es dann zu folgeschweren Defekten wie Blutarmut, Immuninkompetenz und/oder Extremitätendefekten, Pigmentierungsstörungen und sogar zur (langfristig tödlichen) Lungenfibrose kommen. Leider sind die Therapiemöglichkeiten bei diesen wenn auch sehr seltenen Erkrankungen begrenzt. Allerdings scheint hier eine Therapie mit androgenen Steroiden die Telomerase-Aktivität (und damit die Lebensdauer) der Zellen zu verlängern. Unter Umständen ist dies auch einer der Gründe, warum körperliche Bewegung und insbesondere Krafttraining einen positiven Einfluss auf die Telomerase-Aktivität und damit die Lebensdauer verschiedener Zellen hat. Eine missbräuchliche Verwendung anaboler Steroide zum Muskelaufbau bei Gesunden scheint aber Studien zufolge eher das Gegenteil zu bewirken, also eine verminderte Telomerase-Aktivität.

Quellen u. a.:
1. Prof. Blackburn und Prof. Epel: Die Entschlüsselung des Alterns. Mosaik, Verlagsgruppe Random House, München 2016.
2. Dan Eisenberg: An evolutionary review of human telomere biology: the thrifty telomere hypothesis and notes on potential adaptive paternal effects. American Journal of Human Biology 23 (2), 2011: 149-167.
3. Carol W Greider, Elizabeth H Blackburn: Telomeres, telomerase and cancer. In: Scientific American 274 (2), 1996: 92–97.
4. Kaszubowska L. Telomere shortening and ageing of the immune system. Journal of Physiology and Pharmacology, 2008 (59, Suppl 9): 169–186; Journal of Human Biology, 2011 (23): 149–167.


DR. MED. MORITZ TELLMANN
Dr. med. Moritz Tellmann ist Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Zusatzbezeichnung Ernährungsmedizin, Zusatzbezeichnung Notfallmedizin, Zusatzbezeichnung Gesundheitsförderung und Prävention, i. W. Manuelle Medizin/Chirotherapie und ästhetische Medizin. Außerdem ist er Personal Trainer und Dozent an der IST-Hochschule. www.diemuskelbox.de

Foto: Dr. Moritz Tellmann

 


Diesen sowie weitere Artikel findest du in der TRAINER Ausgabe 06|2020

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