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Aus der Krise lernen

Aus der Krise lernen

Ein Perspektivenwechsel

Die Coronakrise ist mit massiven Einschränkungen der Arbeit von Trainern verbunden. Was können Coaches aus der Krise lernen und welche Chancen bietet die aktuelle Situation? Luise Walther beschreibt einen Perspektivenwechsel.

Auch wenn die Studios nach und nach unter strengen Auflagen wieder öffnen durften, sind die Einschränkungen für Trainer noch lange nicht überstanden: Trainings können, wenn überhaupt, nur unter erschwerten Bedingungen stattfinden und aufgrund persönlicher Bedenken setzen viele Klienten das Training lieber noch aus. Während im „normalen“ Arbeitsalltag die Zeit für eine strategische Ausrichtung oft fehlt, sollte jetzt die Chance genutzt werden, in dieser frei gewordenen Zeit Strategien und Kampagnen zu planen und umzusetzen sowie an digitalen Kanälen zu arbeiten. Die Interaktion mit Kunden und Kooperationspartnern kann so ausgebaut und intensiviert werden. Der Fokus sollte auf einer informativen, klaren und transparenten Kommunikation liegen, die zum eigenen Geschäftsmodell und zur eigenen Unternehmeridentität passt.

DREI PERSPEKTIVEN

Es bringt jetzt nichts, verzweifelt die Preise herunterzuschrauben. Wer in dieser Zeit auf kostenlose Dienstleistungen setzt, wird zukünftig seine Kundschaft kaum von kostenpflichtigen Angeboten überzeugen können. Wer sich jetzt auf Preisdumping und kostenlosen Online-Content einlässt, wird es mittel- und langfristig schwer haben, sich erfolgreich am Markt zu etablieren. Was kann man stattdessen tun? Die drei folgenden Perspektiven zeigen Möglichkeiten auf, wie ein Geschäftsmodell kreativ, lösungsorientiert und wirtschaftlich an die aktuelle Situation angepasst werden kann.

1. PERSPEKTIVE: STRATEGISCHE AUSRICHTUNG

Die neu gewonnene Zeit kannst du nutzen, um dein Geschäftsmodell kritisch zu hinterfragen und zu reflektieren. Was kannst du tun, um deine eigene Relevanz für die Klienten zunächst kurzfristig und anschließend mittel- und langfristig zu stärken? Wie zufrieden sind die Kunden mit deinem aktuellen Leistungsangebot? Wie kann das Werteangebot verbessert werden? Durch die Krise haben sich die Bedürfnisse der Kundschaft womöglich geändert – welche neuen Bedürfnisse sind durch die Krise entstanden und wie kannst du einen Mehrwert erzeugen? Es gilt, die strategische Ausrichtung genau zu durchdenken – vom tatsächlichen Leistungsangebot über die Vertriebswege, die Kommunikation und die Partner bis hin zu den eigenen Kernfähigkeiten. Die Ausweitung deines Leistungsangebots über Online-Training, Online-Kurse oder Webinare sowie der Verkauf von Gutscheinen für zukünftige Sessions können eine Lösung darstellen. Praxisbeispiel: Auf hochspezialisierte Dienstleistungen setzen Der Markt wird momentan mit kostenlosen Fitnessvideos für Homeworkouts nur so geflutet. Free Content ist allgegenwärtig und theoretisch könnte jeder (potenzielle) Kunde seine Sessions allein zu Hause machen. Hier könnte dein Lösungsansatz darin bestehen, dich als Experte für Kunden mit Verletzungen und Schmerzen zu positionieren. Diese Zielgruppe profitiert nicht von den freien Angeboten, sondern wird nach Jumping Jacks und Burpees eher noch mehr Beschwerden haben. Der Kundennutzen, die kompetente Beratung, die professionelle Betreuung nach Verletzungen und das individuelle Anpassen des Programms an die jeweiligen Bedürfnisse des Klienten stehen im Mittelpunkt. Das Ganze hat seinen Preis – kostenlos biete ich keine hochspezialisierte Dienstleistung an. Im Gegenteil, ich habe meine Preisstruktur angepasst und die Preise entsprechend meiner Positionierung erhöht. Qualität hat ihren Preis – und die entsprechende Zielgruppe ist durchaus bereit, für die eigene Gesundheit und Leistungsfähigkeit entsprechend zu zahlen. Sich seines eigenen Wertangebots bewusst zu sein, ist einer der wichtigsten Schlüssel zum Erfolg.

2. PERSPEKTIVE: NEUE DIGITALE FORMATE

In Zeiten von „physical distancing“ ist für viele die digitale Vernetzung zur Selbstverständlichkeit geworden. Digitale Angebote können eine hervorragende Ergänzung der bisherigen Angebote sein. Sie ermöglichen den Kunden das Training direkt zu Hause und erreichen damit Zielgruppen, die bisher von traditionellen, analogen Fitnessangeboten keinen Gebrauch gemacht haben. Ob digitale Lernplattformen, gestreamte Konzerte oder Teammeetings via Skype – was vor der Krise für viele Menschen ein Buch mit sieben Siegeln war, wurde innerhalb kürzester Zeit zum vermeintlich normalen Alltag. Die Digitalisierung bietet die Chance, neben der On-demand- Generation auch neue Zielgruppen in ein multimodales Konzept einzubinden. Es gilt, den eigenen Content in das digitale Ökosystem zu integrieren. Das bietet dir die Chance, digitale Leistungen einem Publikum anzubieten, das noch vor Wochen davor zurückgeschreckt wäre, das eigene Wohnzimmer als Trainingsfläche mit einem Personal Trainer oder es gar während eines Livekurses mit der Fitnesscommunity zu teilen. So können neue digitale Angebote in Form von Online-Training, Webinaren und Online-Kursen, aber auch On-demand- Formate, Live- und Streaming-Varianten zur Verfügung gestellt werden. Virtuelle Wettbewerbe und digitales Community Building stellen interessante Zusatzangebote dar. Das Training digital in das Leben der Kunden einzubinden, bietet viele Vorteile: die einfachere Verfügbarkeit für den Kunden, nur den Laptop aufklappen zu müssen und direkt mit dem Training zu starten, die geringere Hürde, das Haus in Zeiten von Corona nicht verlassen zu müssen und Ansteckungsgefahren zu minimieren sowie ortsunabhängig und flexibel bei der Auswahl der Trainer und Dienstleistungsangebote zu sein. Aber auch hier gilt: Die digitalen Angebote sollten zu deinem bisherigen Werteangebot passen und der Erwartungshaltung deiner Kunden entsprechen. Ausgehend von der strategischen Ausrichtung, können individuelle Lösungen angeboten werden. In der aktuellen Lage sind viele Kunden durch Homeoffice, Homeschooling etc. zeitlich stark eingespannt. Die Lösung: Online-Training. Auch kürzere Trainingseinheiten von 30 Minuten sind ohne Anfahrtswege und Hygienevorschriften schnell und unkompliziert umsetzbar. Auf die neuen Herausforderungen schnell und agil zu reagieren, setzt dich von der Konkurrenz ab. Die digitalen Angebote erweitern zudem deine Zielgruppe, denn jetzt bist du nicht mehr auf Klienten aus dem näheren Umkreis angewiesen, sondern kannst Kunden theoretisch auf der ganzen Welt online trainieren und betreuen.

3. PERSPEKTIVE: TRANSPARENTE KOMMUNIKATION

Besonders wichtig in der Krise ist eine zielgerichtete Kommunikation. Nutze die Zeit, um deine nächsten strategischen und organisatorischen Schritte zu planen. Da wir die wirtschaftlichen Auswirkungen der Maßnahmen nicht vorhersagen können und die Entwicklungen in den nächsten Wochen und Monaten nicht prognostizierbar sind, gilt es, strategisch zu kommunizieren. Sowohl intern gegenüber den Mitarbeitern und Angestellten als auch extern gegenüber den Kunden und Geschäftspartnern sollten Entscheidungen und Maßnahmen rechtzeitig kommuniziert werden. Diese Form der transparenten Kommunikation schafft Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Durch den intensiven Dialog mit deinen bisherigen Kunden kann eine vertrauensvolle Kundenbindung erreicht werden. Probleme offen anzusprechen bietet die Chance, kreative Wege zu finden, um diese zu lösen. Ein 1:1-Training ist momentan – je nach regionalen Vorschriften – noch nicht uneingeschränkt wieder anbietbar. Durch das Versenden von E-Mails und Telefonate mit deinen Bestandskunden kannst du dir einen Überblick verschaffen, wie die aktuelle Situation deiner Klienten aussieht und was deren momentanen Bedürfnisse sind. Der Austausch mit Kollegen aus unterschiedlichen Bereichen liefert dir zudem ergänzende Perspektiven, alternative Lösungsansätze und Einblicke in die Learnings der anderen. Mein stetiger Austausch mit Kunden, Kollegen und Kooperationspartnern hat in den letzten Wochen auch überraschende neue Projekte ermöglicht. Wer hier offen bleibt für einen Meinungs- und Gedankenaustausch und differenzierte Blickwinkel, kann auch mit kreativen Lösungen das eigene Geschäftsmodell erweitern.

DIE KRISE ALS CHANCE

Die Coronakrise zeigt ganz klar: Not macht erfinderisch und schweißt zusammen! Die Trainerbranche zeigt sich als solidarisierte Community. Die Krise hat viele Änderungen angestoßen: Von virtuellen Messen über Online-Meet-ups, Webinare und YouTube-Videos bis hin zu IGTV, TikTok und Snapchat – die Digitalisierung hält langsam, aber sicher Einzug in die Branche. Was am Anfang des Jahres noch für viele undenkbar war, gehört mittlerweile zur Realität und wird auch die Fitnessbranche langfristig verändern. Wer offen gegenüber neuen Bedingungen ist und sich proaktiv mit diesen auseinandersetzt, kann in den Zeiten der Krise einen Perspektivenwechsel erleben, der ein langfristig erfolgreiches Geschäftsmodell ermöglicht.

Fotos: stockpics – stock.adobe.com


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