Anzeige

Choreo-Kurse

Choreo-Kurse

Wie sieht ihre Zukunft aus?

Angebot und Nachfrage der einst so begehrten Choreografie-Kurse sind stark rückläufig. Jörg Winkler analysiert mögliche Gründe für diese Entwicklung und zeigt Wege auf, wie es gelingen kann, Choreo-Kurse neu zu positionieren.

Wer den Groupfitness- Markt über Jahre beobachtet hat, der weiß, dass dies keine rasante Entwicklung war, sondern sich über viele Jahre angedeutet hat. In der Summe sind es unterschiedliche Gründe, die zum Mitgliederschwund in den Choreographie-Kursen vieler Studios geführt haben:

Überforderung der Teilnehmer

Viele Trainer überschätzen ihre Teilnehmer und übernehmen hochanspruchsvolle Choreografien z. B. von Conventions 1:1 in ihre Kurse. Doch leider mangelt es häufig an der Fähigkeit der Trainer, diese komplexen Bewegungsabläufe weiterzugeben. Die Folge: Die Teilnehmer, vor allem Neueinsteiger oder unregelmäßige Kursbesucher, fühlen sich überfordert und verlassen frustriert den Kursraum.

Basiskurse fehlen

Viele Studios haben es versäumt, Basiskurse zu etablieren und somit neuen Teilnehmern den Einstieg in Choreo-Kurse zu ermöglichen. Oft finden die Kurse auch zu sehr unattraktiven Kurszeiten – vor 16 oder weit nach 19 Uhr – statt, was für viele Mitglieder zeitlich nicht passt.

Andere Bedürfnisse

Die Mehrheit der Kursteilnehmer wird zunehmend älter und hat ganz andere Bedürfnisse und Anforderungen an einen Kurs. Sie bevorzugt ruhigere Body & Mind- oder intensive Workout-Kurse statt die anspruchsvollen Choreografien in einem Step- oder Aerobic- Kurs.

Wenig Kreativität

Viele junge Trainer bringen wenig Bewegungserfahrung in diesem Bereich mit und tun sich daher schwer, eigene Schrittfolgen zu entwickeln, aufzubauen und motivierend zu unterrichten.

GEGENMASNAHMEN

Grundsätzlich stellt sich die Frage: Muss man an alten Mustern wirklich festhalten oder ist es nicht der Lauf der Zeit, dass sich Dinge verändern und weiterentwickeln? Der Wunsch nach der Wiederbelebung von Step- und Aerobic-Kursen ist auf jeden Fall berechtigt, schließlich begeisterte das „moderate Herz-Kreislauf-Training mit Musik“ – so lautet die Ursprungsdefinition – in der Vergangenheit die Massen und lockte viele Teilnehmer in die Studios. Und dies wird es – das richtige Konzept vorausgesetzt – auch zukünftig wieder tun. Denn viele Mitglieder sind nach wie vor motiviert und begeistert, sich zur Musik zu bewegen und ein moderates Herz-Kreislauf-Training zu absolvieren. Wichtig ist, die Kurse zukünftig möglichst einfach zu gestalten und „freestyle“ zu unterrichten. In der Praxis bedeutet das u. a.:

  • keine zu komplizierten Choreografien,
  • Verwendung einfacher Basic-Schritte,
  • Bewegungen auf der Stelle,
  • ausgewogene Wechsel zwischen High- & Low-Level-Intensitäten und
  • Spaß an der Bewegung.

SPASS DURCH FREESTYLE

Auch in den Ausbildungen zeigt sich: Sobald der Freestyle- Block unterrichtet wird, geht die Energie der Teilnehmer nach oben und die Freude am Training kehrt zurück. So ergeht es letztendlich auch den Teilnehmern in den Kursen, wenn sie spüren, wie sehr sie die Musik mitreißt, ohne sich an komplizierte Bewegungsabläufe klammern zu müssen. Deshalb der Appell an die Kurskoordinatoren: Habt den Mut, diese Kursmodule wieder in eure Kurspläne aufzunehmen!

HETEROGENE GRUPPEN

Das Unterrichten von heterogenen Gruppen gehört zu einer der größten Herausforderungen eines Trainers. Gerade bei Choreo-Kursen werden die unterschiedlichen Leistungsniveaus der Teilnehmer deutlich sichtbar, weshalb sich ein Trainer immer am Niveau der schwächeren Teilnehmer orientieren sollte. Im Kurs bedeutet das: Biete den fortgeschrittenen Teilnehmern Variationen wie Drehungen etc. an, bleibe als Trainer aber immer bei der Basisübung, damit sich Einsteiger an dir orientieren können. Behalte deine Teilnehmer alle (!) im Blick und lese in ihren Gesichtern: Anzeichen für Überforderung sind ständiges Stocken in der Bewegung, ein genervter/ verzweifelter Gesichtsausdruck, ein mangelnder Flow und eine fehlende Bewegungsharmonie. Fehlende Körperspannung, Energielosigkeit und ein gelangweilter Gesichtsausdruck hingegen deuten auf eine Unterforderung des Teilnehmers hin. Beide Fälle können dazu führen, dass der Teilnehmer frustriert ist und im schlimmsten Fall den Kurs verlässt. Spätestens wenn die Teilnehmerzahl eines Kurses rückläufig ist, sollte ich als Trainer meine Methodik, meinen Aufbau und meinen Unterrichtsstil hinterfragen. Wer bereit ist, sich selbst zu reflektieren und aus Fehlern zu lernen, der wird aus einem schlechten Kurs die größten Lehren ziehen. Denn in der Regel liegt eine schlechte Auslastung nicht an den Inhalten eines Kurses, sondern am Trainer.

Zukünftige Entwicklung

Den stärksten Zuwachs wird sicherlich der Body & Mind-Bereich erfahren. Die Teilnehmer der Kurse werden immer älter, die Menschen sind immer gestresster und suchen nach einem Ausgleich. Genau darauf zielen diese Kursangebote ab. Deshalb werden sich in den nächsten Jahren gerade hier neue Angebote entwickeln und etablieren. Anspruchsvolle Choreografie-Kurse werden spätestens in drei bis vier Jahren von innovativen Konzepten wie z. B. hochintensiven oder funktionellen Bodyworkouts abgelöst. Ein großer Trend ist aktuell nicht erkennbar, was jedoch nicht heißen soll, dass es ihn nicht geben kann. Die Fitnessbranche hat in den vergangenen Jahren immer wieder versucht, sich neu zu erfinden. Jetzt wird es zu einer Konsolidierung im Kursbereich kommen. Wünschenswert wäre, dass diese mit einer weiteren Professionalisierung der Kurstrainer einhergeht. Eine B-Lizenz reicht für einen professionellen Kurstrainer in vielen Fällen nicht aus, weil ihm das entsprechende Handwerkszeug fehlt. Allerdings muss man fairerweise auch sagen, dass sich eine höhere Qualifikation eines Trainers nur minimal in der Vergütung widerspiegelt und somit der monetäre Aspekt kein wirklicher Anreiz ist. Glücklicherweise sind viele Trainer intrinsisch motiviert, d. h., sie haben eine innere Motivation, sich weiterzuentwickeln, weil sie ihren Beruf lieben und ihn bestmöglich ausüben möchten.
Trotzdem sollte man das „System“ Fitnessbranche kritisch betrachten: Solange ein Kurstrainer gezwungen ist, seine gesamten Fort- und Weiterbildungen selbst zu finanzieren, wird es bei den aktuellen Gehaltsstrukturen schwierig, weil Trainern die finanziellen Polster für Weiterbildungen schlichtweg fehlen. Tatsache ist: In vielen Studios mangelt es – auch wenn das hart klingt – an gut ausgebildeten Trainern. Vonseiten der Studiobetreiber muss die Forderung nach höher ausgebildetem Personal kommen, um die Qualität der Trainer zu verbessern. Und Studiobetreiber sollten bereit sein, in die Qualifikation ihrer Groupfitnesstrainer zu investieren. Sollte diese Entwicklung nicht eintreten, wird sich das Online-Training immer stärker etablieren und den Kurstrainer mehr und mehr ersetzen.


JÖRG WINKLER
Der Autor ist fachlicher Leiter der IFAA, leitet das IFAA-Referententeam und ist für das gesamte Ausbildungsportfolio der IFAA verantwortlich Er ist staatlich geprüfter Physiotherapeut, Groupfitness Masterinstructor und n.m.s.® Mastertrainer.
www.ifaa.de


Fotos: moniqcca – stock.adobe.com


Diesen sowie weitere Artikel findest du in der TRAINER Ausgabe 03|2021

Anzeige

Das könnte dich auch interessieren

Trainer – im Abo

NEUE-Ausgabe 2023-06

Jetzt kostenlos abonnieren!

News für Trainer

Anzeige