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NEUROATHLETIK Apps

NEUROATHLETIK Apps

Neurozentriertes Training per Smart Device

Das Gehirn und das zentrale Nervensystem spielen eine entscheidende Rolle bei der Kontrolle unseres Körpers und beeinflussen maßgeblich unser Verhalten sowie unsere körperliche Leistungsfähigkeit. Der Neuroathletiktrainer und Sportwissenschaftler Yassin Jebrini zeigt, wie wir die digitale Entwicklung im Bereich des neurozentrierten Trainings nutzen können.

In den letzten Jahren haben sich neuroathletische Übungen unter Trainern und Therapeuten als wirkungsvoller Ansatz etabliert, um die kognitiven Fähigkeiten, Sinneswahrnehmung und motorischen Fertigkeiten zu verbessern. Dadurch sollen Bewegungen optimiert und Schmerzen reduziert werden. Spezielle Apps ermöglichen die Integration von neuroathletischen Übungen in den Alltag. Nachfolgend werden die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten dieser neurozentrierten Apps sowie die besten Anwendungen im Kontext von Training und Therapie vorgestellt.

METRONOM-APPS

Metronom-Apps bieten eine Vielzahl von Funktionen, die darauf abzielen, die Fähigkeiten der Nutzer in Bezug auf Rhythmus und Timing zu erweitern. Sie ermöglichen den Anwendern, sich an kontinuierliche und diskontinuierliche Rhythmen und Tempi anzupassen und ihre Fertigkeiten im Laufe der Zeit zu verfeinern. Darüber hinaus können solche Apps die Aufmerksamkeit und Problemlösungsfähigkeiten fördern, indem sie die Nutzer dazu anregen, komplexe rhythmische Muster zu erkennen und zu reproduzieren. Einige dieser Anwendungen bieten akustische und visuelle Begleitung, um die Anwender zu unterstützen. Ursprünglich für Musiker wie Schlagzeuger entwickelt, die von einem präzisen Rhythmus profitieren, können diese Apps auch effektiv ins neuroathletische Training integriert werden. Die Nutzung von Metronom-Apps wie Pro Metronome ermöglicht die Aktivierung verschiedener neuronaler Netzwerke, insbesondere die Basalganglien, die eng mit der Bewegungsplanung verbunden sind. Da Menschen bei Aktivität einem natürlichen inneren Rhythmus folgen, stellen extern regulierte Tempi einen bedeutenden Trainingsreiz dar. Darüber I hinaus können Bewegungen im Einklang mit einem externen Rhythmus das Kleinhirn stimulieren, das für die Bewegungsgenauigkeit, das Gleichgewicht und die Koordination verantwortlich ist. Diese Apps fördern präzise Bewegungen und tragen dazu bei die Feinmotorik und die Koordination zu verbessern.

SNELLEN-APPS

In der Vielfalt visueller Applikationen existieren zahlreiche optische Tests, die dazu dienen, das Sehvermögen zu prüfen und eventuelle Probleme in der visuellen Wahrnehmung zu identifizieren. Diese Apps bieten Übungen, um das visuelle System sowie die Koordination der Augenmuskulatur zu trainieren. Besonders geeignet sind solche mit einem Snellen- Diagramm, das man von einem Optiker kennt. Bei bestimmten Lichtverhältnissen soll der sitzende Patient auf dem Diagramm immer kleiner werdende Buchstaben erkennen. Eine der bekanntesten Snellen- Apps ist Eye Chart HD. Sie nutzt das gleiche Setup, ermöglicht jedoch die Nutzung in sportlichen Situationen – sei es in Bewegung, im Stehen oder im Sitzen. Ein weiterer interessanter Aspekt der Eye Chart App ist die Randomisierungsfunktion. Die digitale Tafel mit den variierenden Buchstaben kann nach jedem Durchgang neu angeordnet werden, um mögliche Erinnerungseffekte zu vermeiden. Zusätzlich kann die Bildschirmfarbe verändert werden, um die Sehschärfe unter verschiedenen Bedingungen zu testen und neurologische Effekte durch Farbänderungen zu untersuchen.
Durch Eye Chart HD können spezifische Informationen über das Gleichgewichtsorgan abgeleitet werden. Indem die App nach vorn gehalten und der Kopf zur Seite geneigt wird, um etwa 20 Sekunden lang auf die Linse zu schauen, können anhand des Grades der Buchstabenschwankungen Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit des Utriculus gezogen werden, der für horizontale Bewegungen im Raum verantwortlich ist.

ERKENNUNGS-APPS

Hierfür wird stellvertretend die Recognise App vorgestellt. Sie ist ein innovatives Tool, das darauf abzielt, die kognitiven Fähigkeiten in Bezug auf Schmerzwahrnehmung und motorische Kontrolle zu verbessern. Sie ist in verschiedenen Versionen erhältlich, die sich auf spezifische Körperbereiche wie Hände, Füße und Knie konzentrieren. Der Nutzer muss auf dem mobilen Bildschirm verschiedene Körperteile in diversen Positionen identifizieren und entscheiden, ob es sich beispielsweise um eine rechte oder linke Hand handelt. Am Ende des Durchlaufs erfolgt eine Auswertung, die Aufschluss über die Leistung des Nutzers gibt.
Ein Training mit der Recognise App könnte folgendermaßen aussehen: Eine Person mit Schmerzen in der Hand betrachtet 30 Bilder für jeweils maximal zwei Sekunden und erkennet dabei, welche Seite abgebildet ist – je schneller, desto besser. Am Ende wird auswertet, wie viele Bilder der Testreihe richtig identifiziert wurden. Bei unzureichenden Ergebnissen kann der Trainierende das Training entsprechend anpassen und das Schmerzlevel vor und nach der Nutzung der App vergleichen.
Die Recognise App beeinflusst maßgeblich den Thalamus, eine Filterinstanz, die reguliert, welche Informationen unserer Sinnesorgane ins Bewusstsein dringen. Eine optimale Regulation des Thalamus ist entscheidend, um Bewegungseinschränkungen und Schmerzprobleme zu verhindern. Daher ist eine Aktivierung durch die App äußerst förderlich.

STROOP-EFFECT-APP

Die Stroop-Effect-App verbessert die kognitive Flexibilität sowie die Aufmerksamkeit und lässt sich effektiv in das neuroathletische Training integrieren. Sie unterstützt die Steigerung der Konzentrationsfähigkeit, das Multitasking, das schnelle Denken und die Reaktionsschnelligkeit.
Die App basiert auf dem klassischen Stroop-Test, bei dem Nutzer Wörter in kongruenten oder inkongruenten Farben präsentiert werden. Die Aufgabe besteht darin, möglichst schnell die Farbe zu nennen, in der das Wort geschrieben ist, unabhängig von der Bedeutung des Wortes. Alternativ kann das Spiel umgekehrt werden, und der Nutzer muss die Bedeutung des Wortes erkennen, unabhängig von der Farbe, in der es geschrieben ist.
Es werden verschiedene Schwierigkeitsstufen angeboten, von leicht bis schwer, so kann der Nutzer den Test schrittweise anspruchsvoller gestalten. Zudem wird eine Leistungsverfolgung ermöglicht, damit die Nutzer ihre Fortschritte im Laufe der Zeit nachvollziehen können.
Die Stroop-Effect-App beeinflusst insbesondere den Frontallappen des Gehirns. Dieser Bereich ist für diverse Funktionen verantwortlich, einschließlich Entscheidungsfindung und motorische Bewegungen. Der Frontallappen spielt eine Schlüsselrolle bei der Kontrolle komplexer Verhaltensweisen und der Regulation von Emotionen. Ein gesunder Frontallappen ist entscheidend für die Fähigkeit Entscheidungen zu treffen und Probleme zu lösen. Eine suboptimale Regulation in diesem Bereich kann zu Beeinträchtigungen bei der Entscheidungsfindung und der motorischen Bewegung führen.

DIGITALE SPIEGELBOX

Die Mirror Box App basiert auf der Spiegelbox-Therapie, einer Methode zur Schmerzlinderung und Verbesserung der Beweglichkeit bei Personen mit chronischen Schmerzen oder Nervenverletzungen. Die ursprüngliche Spiegelbox ist ein Kasten mit einem Spiegel auf einer Seite und einer Öffnung auf der anderen Seite. Der Nutzer platziert die betroffene Gliedmaße in der Öffnung und betrachtet die Reflexion der gesunden Gliedmaße.
Die Grundidee dieser Therapie ist, dass das Gehirn die reflektierte Bewegung als Bewegung der betroffenen Gliedmaße wahrnimmt. Durch diese kognitive Verzerrung können Schmerzen nicht mehr als Signal interpretiert werden, da der Thalamus, der für die Schmerzempfindung zuständig ist, nicht mehr aktiviert wird. Somit kann die App langfristig helfen, das schmerzende Körperteil belastbarer zu machen und, dass sich die Aktivierung des Thalamus positiv auf die motorische Leistungsfähigkeit auswirkt. Die moderne Mirror Box App bringt die Spiegelansicht direkt auf den Handybildschirm. Sie bietet verschiedene Übungen, die den Nutzern unterstützen, den Bewegungsumfang, die Kraft und die Koordination zu verbessern.

APP ZUR KORTEXAKTIVIERUNG

OptoDrum ist eine speziell entwickelte App, die Menschen dabei unterstützt visuelle Fähigkeiten zu trainieren. Sie verwendet spezielle Muster, um verschiedene Aspekte der Sehleistung zu testen. Die App wird in einer neutralen Standposition genutzt. Dabei wird das Smartphone auf Augenhöhe gehalten, sodass die schwarz-weißen Balken auf dem Bildschirm in die gewünschte Richtung laufen. Die Geschwindigkeit und Stärke der Balken können individuell angepasst werden. Der Blick des Nutzers sollte dabei locker und entspannt auf den mittleren Balken gerichtet sein. Der Nutzer verfolgt diesen Balken bis zum Rand des Smartphones und springt dann zurück zum nächsten mittleren Balken, um diesem erneut zu folgen. Dieser Ablauf wird je nach aktueller Leistungsfähigkeit mehrmals wiederholt.
Die Effekte von OptoDrum sind beachtlich. Studien zeigen, dass das Training mit OptoDrum strukturelle Veränderungen im Gehirn bewirken kann, insbesondere im Parietallappen und Frontallappen. Der Parietallappen ist für die Verarbeitung von sensorischen Informationen und die räumliche Orientierung verantwortlich, während der Frontallappen komplexe kognitive Funktionen wie Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Entscheidungsfindung steuert. Durch das Training mit OptoDrum werden diese Gehirnregionen aktiviert und gestärkt, was zu einer verbesserten Wahrnehmungsfähigkeit und erhöhten kognitiven Leistungsfähigkeit führen kann.

FAZIT

Die vorgestellten Funktionen und Apps können Athleten, Leistungssportler sowie Freizeit- und Gesundheitssportler dabei unterstützen, ihre mentale und körperliche Leistungsfähigkeit zu steigern und Schmerzen zu lindern. Sie können als Ergänzung zum physischen Training und zur Entspannung genutzt werden, zur mentalen Vorbereitung auf Wettkämpfe und zur Steigerung der mentalen Belastbarkeit dienen.


YASSIN JEBRINI

Der Sportwissenschaftler M.A. und Z-Health-Absolvent arbeitet als Neuroathletiktrainer mit Profi- und Freizeitsportlern. Zusätzlich ist er als Referent tätig und bildet Trainer in Neuroathletik aus.
www.jebrini-training.de


Fotos:  Jacob Lund – stock.adobe.com


Dieser Artikel ist aus der TRAINER-Ausgabe 6-2023:

 

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